ANASTENARIA

Die Feuerläufer von Agia Eleni

Das Dorf Agia Eleni (nördlich von Thessaloniki) wird hauptsächlich von Nachkommen von Flüchtlingen bewohnt, die vor langer Zeit aus Ostthrakien hierherkamen. Es ist ein eher verschlafenes Dorf. Kein Tourist verirrt sich hierhin. Landwirtschaft bestimmt hier den Alltag

Aber einmal im Jahr (am 21. Mai) wird Agia Eleni zur Attraktion, die viele Besucher anzieht.  Man feiert die Feuerlauf-Zeremonie: die Anastenária. Das Fest dauert 3 Tage, und am 1. und 3. Tag wird ein Feuer angezündet.

Während am Abend das Feuer  kontrolliert runterbrennt kommen immer mehr Zuschauer, die sich das Spektakel ansehen wollen. Es gibt der Zeremonie einen Volksfest-Charakter, was eigentlich nicht im Sinne der Anastenárides ist. 


Der Gluthaufen wird immer wieder inspiziert und bearbeitet, denn zum Schluss muss es ein schön verteilter Glutteppich sein, durch den mutige Gläubiger laufen und dabei sicher sind, dass sie keinerlei Brandblasen an den Füssen bekommen.

Die Geschichte des Brauchs geht auf eine Legende zurück, die ihre Wurzeln im ostthrakischen Dorf Kósti hat, dem Heimatdorf der Menschen, die heute in Agia Eleni leben.

Die Dorfkirche in Kósti war den Schutzheiligen Eleni und Konstantinos geweiht. Sie besaß viele wertvolle Ikonen und Reliquien, und sie war der Stolz der Dorfbewohner. Eines Tages brannte die Kirche! Als das bemerkt wurde war das Feuer schon so stark, dass an Löschen nicht mehr zu denken war. Da jedoch stürzten sich mutige Menschen in das schon lichterloh brennende Haus und schnappten sich all die geliebten Heiligtümer, die sie noch erwischen konnten.

Nach der sehr gewagten aber gelungenen Aktion stellten sie fest, dass niemand verbrannt oder verletzt worden war.  Ihre Unversehrtheit führten sie auf die Gnade der Heiligen zurück. Seitdem pflegen die Flüchtlinge aus Kósti (das heute in Bulgarien liegt) jedes Jahr zu Ehren der Schutzheiligen -Eleni und Konstantinos- die Feuerlauf-Zeremonie

Angefeuert vom Rhythmus kräftiger Trommelschläge wagen die ersten den Feuerlauf. Das „Feuerlaufen“ ist jedoch ein uraltes Ritual und wurde in vielen Religionen praktiziert. Schon vor ca. 4.000 Jahren liefen Menschen durch das Feuer.

Die Menschen in Agia Eleni blicken auf ihre eigene Geschichte und praktizieren ihren Brauch um öffentlich ihr Glaubensbekenntnis abzulegen.

Die offizielle Kirche akzeptiert die Zeremonie nicht, für sie ist es kein christlicher Brauch. Denn der Feuerlauf wird mit heidnischen Ritualen in Verbindung gebracht. In Agia Eleni drückt man aber ein Auge zu. Und das geht, weil das Dorf am Vorabend die Heiligen mit einer Messe, Brotsegnung und Prozession gebührend feiert.

Die Anastenarides sind eine Glaubensgemeinschaft, die ihre eigene Kirche hat. Gebete und Feste feiern sie in ihrem Heiligtum, dem Konaki. Es steht jedem frei, ein Mitglied der Anastenárides zu werden.

Das bedeutet aber nicht, dass damit  automatisch die Fähigkeit zum Feuerlauf erworben wird.  Sagte mir Babis, der Vorsteher der Bruderschaft.

Die Anastenária wird auch in anderen Dörfern gelebt, oft im geschlossenen Kreis, ohne die Anwesenheit vieler Besucher und ohne die Möglichkeit von Fotografie und Video.

In Agia Eleni gab es weit nach Mitternacht ein gemeinsames Essen im kleineren Kreis, im Konaki.

Und im nächsten Jahr, am 21. Mai, da laufen sie wieder.